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CIAO INTEL PROZESSOR HELLO APPLE SILICON SYSTEM

Mac Studio

CIAO INTEL PROZESSOR HELLO APPLE SILICON SYSTEM

Ciao Intel Prozessor. Warum ich beim Wechsel auf Apple Silicon einen aufwändigen Clean Install mache

Nach einer gefühlten Ewigkeit auf Intel-Systemen ist es soweit: Ich ziehe um. Mein Studio bekommt ein neues Brain und rechnet jetzt auf Apple Silicon.

 

Seit etwa 2008 liefen alle meine Studio Macs auf Intel-Basis. Davor noch der gute G4 Power Mac. Eine Reise vom ersten Core-2-Duo iMac über Mac Mini bis hin zum letzten Intel MacBook Pro. Es war eine stabile und produktive Ära. Doch in dieser Zeit hat sich etwas angesammelt das jeder kennt, der professionell mit Computern arbeitet: digitaler Ballast.

 

Plug-ins, Libraries, alte Presets, doppelte Backups, experimentelle Tools, Beta-Versionen, vergessene Demo-Lizenzen. Alles in der Dauermigration immer und immer wieder und alles lief auch immer, irgendwie.

 

Und genau da liegt das Problem: Wer jahrelang migriert, arbeitet irgendwann nicht mehr sauber.

Deshalb mache ich jetzt den Schnitt. Keine Wiederherstellung aus der Time Machine, keine Migration. Ein Clean Install.

 

Warum jetzt?

 

Der Wechsel auf Apple Silicon ist nicht einfach ein Update. Es ist ein Generationswechsel und zwar einer der alles verändert.

Apple hat von 2006 bis 2020 Intel-Prozessoren verbaut. 14 Jahre lang war Intel der Motor unter der Haube jedes Mac-Systems. 2020 kam der Bruch: Apple stellte den ersten M1 vor, ein Chip, der alles neu definierte: Architektur, Effizienz, Integration.

2025 sind wir längst in der M4-Ära angekommen. Die Plattform ist gereift, nahezu alle relevanten Audio-Tools laufen nativ. Kein Rosetta, keine Übergangslösung und der Support für Intel Macs wird demnächst am Ende sein. Spätestens dann wird es problematisch wenn man sich nicht damit auseinandersetzt. Bei mir ist das jetzt der Moment, an dem ein Systemwechsel her muss.

 

Aber es geht mir nicht nur um Geschwindigkeit oder Benchmarks.
Es geht um Klarheit, Struktur, Effizienz und Kontrolle.

 

Migration ist bequem, aber tödlich für die Systemintegrität

 

Seit 15 Jahren wurde jeder neue Mac bei mir „übernommen“.
Migrations Assistent, Time Machine… Hauptsache alles läuft weiter.

Und genau darin liegt das Problem: Es läuft weiter. Aber nicht unbedingt besser.

 

Mit jeder Migration schleppt man nicht nur seine Daten mit, sondern auch:

• kaputte .plist-Dateien
• alte Systemerweiterungen
• abgelöste Plug-in-Versionen
• doppelte Presets
• Legacy-Lizenzen
• und jede Menge unauffälligen, aber systemfressenden Ballast.

 

Das Ergebnis: ein Mac, der zwar „funktioniert“, aber intern aussieht wie eine Rumpelkammer.

In der Audiowelt ist das besonders fatal. Latenzen, Plug-in-Konflikte, Ladezeiten, all das ist oft nicht die Schuld des Rechners, sondern des Altlasten-Chaos.

 

Ein Clean Install ist brutal aber ehrlich

 

Ein Clean Install ist kein Knopfdruck, sondern eine Entscheidung.
Eine radikale, befreiende, manchmal schmerzhafte Entscheidung.

Du fängst bei null an.
Du installierst nur, was du wirklich brauchst.
Und du stellst dir bei jedem Schritt die entscheidende Frage:

„Brauche ich das Tool noch, oder benutze ich es nur, weil es schon immer da war?“

Das ist unbequem. Aber es ist auch der Moment, in dem du deine Arbeitsweise neu definierst.

Man merkt plötzlich, wie viele kleine Gewohnheiten eigentlich ineffizient sind.
Wie viele „Klassiker“ man seit Jahren nicht geöffnet hat.
Und wie viele Plug-ins nur installiert sind, weil sie damals in einem Bundle dabei waren.

 

Die Vorbereitung: Struktur schlägt Spontanität

 

Ein Clean Install will geplant sein.
Einfach drauflos zu löschen führt nur zu Frust und fehlenden Lizenzen.

 

1. Inventur:
Ich habe meine komplette Software- und Plug-in-Liste exportiert, inklusive Versionsnummern, Lizenzmodellen und Installationspfaden. Danach markiert, was ich aktiv nutze und was nicht.

 

2. Lizenzen sichern:
iLok, UAD, Waves, Plugin Alliance, FabFilter, Arturia, Native Instruments, etc. alle sauber deaktiviert oder übertragen.
Wer das vergisst, erlebt später böse Überraschungen.

 

3. Projekte sichern:
Alle laufenden Projekte als „Consolidated“ exportiert, also ohne Referenzen auf externe Libraries oder alte Pfade.
Sonst fehlen beim neuen System die halben Audiofiles.

 

4. Presets und Templates extrahieren:
Nur die eigenen. Keine Factory-Presets, keine fremden Downloads.
Ich will mein System, nicht das von irgendwem.

 

5. Backup auf separatem Laufwerk:
Nicht Time Machine, sondern ein manuell kuratiertes Archiv.
Wer neu anfängt, sollte genau wissen, was er mitnimmt und was bewusst draußen bleibt.

 

Der Neustart: macOS von Grund auf

 

Beim ersten Hochfahren fühlt sich das System an wie ein leerer Regieraum, klinisch sauber, aber auch voller Potenzial.

 

Das Einrichten dauert Stunden und Tage.
Aber jeder Schritt ist bewusst.
Jedes Passwort wird neu vergeben, jede Library neu strukturiert, jede Lizenz neu aktiviert.

 

Und genau das ist der Unterschied: Du kennst dein System danach wirklich.
Du weißt, was installiert ist, wo es liegt und warum es da ist.
Das schafft neues Vertrauen und langfristig Stabilität.

 

Apple Silicon in der Praxis: Workflow ohne Bremsen

 

Ich hatte viele Erwartungen an Apple Silicon und die meisten wurden übertroffen.

 

Die Performance ist absurd:

• Logic startet in zwei Sekunden.
• Große Sessions mit 150 Spuren laufen ohne Dropouts.
• Sample Libraries, die früher ewig brauchten, laden instant.
• CPU-Auslastung halbiert, Lüfter aus.

 

Dazu kommt: Die Integration zwischen macOS, Audiohardware und Software ist spürbar tighter.

Keine spürbare Latenz, kein Wärmeproblem, keine spontanen Kernel-Panics.

Kurz gesagt: Das System arbeitet, statt zu kämpfen.

 

Das Ende der Rosetta-Ära

 

Ein weiterer Grund für den Clean Install war der bewusste Abschied von Rosetta 2 Apples Übersetzungsschicht für Intel-Apps.
Sie war nützlich in der Übergangszeit, aber sie ist auch eine Krücke.

 

Jede App, die über Rosetta läuft, zieht Leistung, braucht zusätzliche Speicherverwaltung und kann im schlimmsten Fall Instabilitäten verursachen.
Jetzt, 2025, gibt es keinen Grund mehr, sie zu nutzen.

 

Fast alle professionellen Audiotools, von Pro Tools bis Ableton, von UAD bis NI Komplete, laufen nativ auf Apple Silicon. Das System ist bereit und das Ökosystem ist es auch.

 

Der mentale Aspekt: Entrümpeln tut gut

 

Was mich überrascht hat: Der Clean Install ist nicht nur technisch befreiend, sondern auch mental. So wie man im Studio manchmal alte Projekte durchgeht und merkt, dass man sich weiterentwickelt hat, merkt man beim Neuaufsetzen, wie viele Tools eigentlich für eine andere Arbeitsweise gedacht waren.

 

Ich arbeite heute fokussierter, direkter, minimalistischer.

Der Clean Install ist damit auch ein Statement:
Ich will keine Historie simulieren, ich will Zukunft bauen.

 

Neue Workflows, neue Standards

Der Wechsel auf Apple Silicon zwingt zur Modernisierung, ob man will oder nicht.
Viele alte Tools sind schlicht nicht mehr kompatibel. Das klingt im ersten Moment nach Verlust, ist aber ein Gewinn.

 

Denn es öffnet Raum für Neues:

• Lightweight-Tools statt aufgeblähter Alleskönner
• Cloud-basierte Libraries mit On-Demand-Samples
• Native Plug-ins mit M-Optimierung
• Fokus auf wenige, stabile Systeme statt unzählige Workarounds

 

Kurz: weniger Bastellösung, mehr Produktionssicherheit.

 

Clean Install als Studio-Philosophie

 

Dieser Systemwechsel hat mir gezeigt: Ein Studio ist kein Museum.
Es ist ein Werkzeugkasten. Und Werkzeuge müssen funktionieren nicht nostalgisch glänzen.

 

So wie man alte Kabel ersetzt oder defekte Preamps repariert, sollte man auch digitale Systeme regelmäßig prüfen, aufräumen, neu denken.

 

Kein Backup, kein Mitleid

 

Nach 15 Jahren Intel und zahllosen Migrationen fühlt sich dieser Wechsel an wie eine Generalüberholung. Das System ist schneller, stabiler, leiser.

 

Neuer Mac. Neues System. Gleicher Anspruch:

Klarer Sound, kompromissloser Workflow, aber diesmal ohne Ballast.

Wenn du selbst mit dem Gedanken spielst, auf Apple Silicon umzusteigen oder dein Studio digital zu entmüllen:

Tu es nicht halbherzig.
Tu es richtig.
Mach den Schnitt.

Weil kein System stabil läuft, das auf alten Kompromissen basiert.
Und kein Produzent kreativ bleibt, der sich vom eigenen Setup lähmen lässt.

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